IMPRESSUM 

"DER FÜRST" ALS KÖNIG
Friedrichs Anti-Machiavell im Potsdam-Museum
 

Schon als junger Kronprinz hatte sich Friedrich (im Hause des Finanzrates Julius von Pehne in Berlin) eine heimliche Bibliothek zusammenstellen lassen, in die er sich vom Drill des Vaters oft zurückzog. Sein hugenottischer Lehrer Duhan besorgte die Auswahl der Bücher. Neben Reimlexika, Wörterbüchern und französischer Literatur fand Friedrich dort auch theoretische Werke vor, darunter das Buch eines Florentiners, Niccoló Machiavelli (1469-1527), das schon seit Generationen für gelehrten Streit gesorgt hatte. Es ging darin um die Gesetzmäßigkeiten der Selbsterhaltung eines Fürsten - ein Thema, das den angehenden Thronfolger interessieren musste.

Machiavellis Fürstenspiegel "Il principe" war 1513 unter einem langen, schmerzhaften Eindruck des Herumregierens, Meuchelmords und Kriegs in Italien entstanden. Eigentlich ganz zeitgebunden, liest sich die Schrift mit heutigen Augen stellenweise wie ein Spiegel des rücksichtslosen Karrierismus, der Ellbogengesellschaft und Politik, für die nicht das Gemeinwohl, sondern vor allem das Wohl Einzelner im Vordergrund steht, so scheint es.

Doch es ist ganz von der damaligen Zerrissenheit Italiens geprägt, was Machiavelli da aus seinen Beobachtungen zieht und einem künftigen, schonungslosen Vereiniger des Landes nahelegt. Nüchterne Erkenntnisse, welche Mittel einem Fürsten zum Machtgewinn und Machterhalt dienen. Machiavelli hoffte auf einen Herrscher, dessen Härte letztlich zum Besten des demoralisierten Volkes wäre.

Dabei sei Furchteinflößen ein stärkeres Mittel zum Machterhalt, als sich die Liebe der Untergebenen zu erwerben, weil Liebe allzu wandelbar ist. Ein Krieg werde nie verhindert, sondern stets nur zum Vorteil des Gegners aufgeschoben. Es müsse sich darum der Fürst auch im Frieden immerzu geistig mit dem Kriege beschäftigen, um gewappnet zu sein, usw. usf.

Machiavelli möchte dabei keine Staatstheorie entwerfen, sondern Schlüsse aus so vielen Jahren seiner Beobachtung ziehen. "Ein Mensch, der in allen Dingen nur das Gute tun will, muss unter so vielen, die das Schlechte tun, notwendig zugrunde gehen." Härte folgt daraus. Ungehemmtes Ausüben von Gewalt, um ihr nicht zu unterliegen. Jeder kämpft und konkurriert gegen jeden. Tritt zuerst, sonst tritt man dich. Politischer Machiavellismus.

Diese kühle Lebenserkenntnis eines gereiften Mannes musste den jugendfrischen Kronprinzen aufklärerischer Prägung abstoßen. Zumal sich Friedrich schon früh selber unter den Philosophen sah und, wie im Falle Voltaire, auch deren Nähe suchte. Mit "Frédéric le filosophe" hatte er schon als 16-Jähriger einen seiner Briefe unterschrieben.

In den letzten Rheinsberger Jahren entwirft er [...]

[...] "In der Tat, ich bedaure es, dass ich den Machiavell geschrieben habe..."
Friedrich hatte nach seiner Thronbesteigung kein Interesse mehr
an einer Herausgabe seiner programmatischen Jugendschrift. [...]
 

 
Friedrichs "Anti-Machiavell" im Potsdam-Museum:
L'Antimachiavel ou Examen du Prince de Machiavel
avec des notes historiques & politiques,
à la Haye chez Jean van Duren (1741),
XXXII + 364 S.

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© Mathias Deinert 2015